Wie der Mensch die Evolution beeinflusst – Drei kleine Geschichten

von Annika

Die Evolution ist ein fortlaufender Prozess, der immer wieder Anpassungen an eine sich verändernde Umwelt darstellt. Solche Veränderungen werden seit jeher in nicht zu unterschätzendem Ausmaß direkt durch den Menschen verursacht. Neben der zielgerichteten Zucht und Domestizierung verändert der Mensch durch diesen ungerichteten Einfluss die Natur um ihn herum.

 

Bildquelle: Wikipedia

Der Birkenspanner – ein Beispiel für Industriemelanismus

 

Der Birkenspanner ist ein kleiner Nachtfalter, der sich tagsüber an Stämmen von Birken oder an mit Flechten bewachsenen Baumstämmen versteckt. Er hat eine hell gemusterte Färbung, die ihn an diesen Bäumen nahezu perfekt tarnt. Eine zweite Population dieser Falter ist dunkel gefärbt und kam bei der ersten großen Untersuchung dieser Art zu Beginn des 19. Jahrhunderts vergleichsweise selten vor. Mit zunehmender Industrialisierung und damit einhergehender Luftverschmutzung änderte sich nicht nur die Farbe der Baumstämme, sondern auch das Verhältnis zwischen der hellen und dunklen Population der Birkenspanner. Der Flechtenbewuchs an Bäumen nahm dramatisch ab, was dazu führte, dass hell gefärbte Tiere eher von Fraßfeinden gesehen wurden. Die dunklen Tiere hatten somit einen Selektionsvorteil. Heute sind beide Populationen etwa gleichermaßen vertreten, wobei in Industriegebieten die dunkle und in Wäldern die helle Variante überwiegt.

 

Der Kabeljau – kleiner ist besser

 

Im 20. Jahrhundert wurden viele Kabeljaubestände intensiv befischt. Hierzu wurden Netze verwendet, deren Maschengröße vor allen Dingen dazu führte, dass große Tiere gefangen wurden. Mit der Zeit stellte man fest, dass nicht nur die Bestandszahlen deutlich zurückgingen, sondern auch die durchschnittliche Größe der Fische. Die geringe Größe war nicht auf ein geringeres Alter zurückzuführen, denn die Tiere wuchsen nicht weiter, sondern blieben klein. Zur insgesamt kleineren Körpergröße gesellt sich eine frühere Geschlechtsreife, die bei Fischen stark mit der Körpergröße korreliert. Wurden Kabeljau-Weibchen in den 1960er-Jahren erst ab einer Körpergröße von etwa 1m geschlechtsreif, pflanzen sich heute schon Tiere mit 60-65cm Länge fort.

 

Wissenschaftler fordern nun, den Fischfang drastisch zu reduzieren, um den Tieren die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen. Forscher am internationalen Institut für angewandte Systemanalysen (IIASA) stellten allerdings auf Grundlage von Modellrechnungen fest, dass der Kabeljau etwa 250 Jahre brauchen würde, um die Durchschnittsgröße zurückzuerlangen, die er bereits vor 50 Jahren hatte.

 

Die Hausmaus – König unter den Kulturfolgern

 

Kulturfolger gibt es reichlich. Gemeint sind Arten, die ihren Lebensraum immer mehr in Richtung menschlicher Siedlungen und Städte verschieben, weil sie dort nicht nur mehr Nahrung finden, sondern auch Schutz vor Fraßfeinden und Kälte. Füchse und Waschbären sind in Großstädten keine Seltenheit mehr und auch Amseln, die bis ins 19. Jahrhundert scheu in Wäldern lebten, finden sich heute in nahezu allen Gärten und Parkanlagen.

Einer der wohl ältesten und auf der ganzen Welt verbreiteten Kulturfolger ist sicherlich die Hausmaus. Forscher der Universität Haifa fanden kürzlich heraus, dass der kleine Wegbegleiter des Menschen schon seit etwa 15 000 Jahren an seiner Seite lebt. Zu dieser Zeit war an Agrarrevolution noch nicht zu denken. Die Menschen zogen als Nomaden umher, blieben aber ab und an für ein paar Jahre am selben Fleck. Immer dann gab es an diesen Lagerplätzen einen starken Aufschwung in der Population von Hausmäusen, wie sich heute durch Knochenfunde nachweisen lässt. Als der Mensch schließlich sesshaft wurde und anfing, Nahrung in großen Mengen zu speichern und Müllberge hinter seinem Haus aufzutürmen, war der Sieg der Hausmaus besiegelt. Das konnte auch die spätere Domestizierung der Katze nicht mehr verhindern.

 


Quellen:

 

Jorgensen C et al. Ecology: Managing Evolving Fish Stocks. Science 23 Nov 2007:
Vol. 318, Issue 5854

 

Van't Hof AE, Campagne P, Rigden DJ, Yung CJ, Lingley J, Quail MA, Hall N, Darby AC, Saccheri IJ. The industrial melanism mutation in British peppered moths is a transposable element. Nature. 2016 Jun 2;534(7605):102-5.

 

Weissbrod L, Marshall FB, Valla FR, Khalaily H, Bar-Oz G, Auffray JC, Vigne JD, Cucchi T. Origins of house mice in ecological niches created by settled hunter-gatherers in the Levant 15,000 y ago. PNAS Feb. 2017

 



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