Von Zwischenmahlzeiten und Endoparasiten – kuriose Fortpflanzungsstrategien

von Annika

In der Biologie ist der Sinn des Lebens schnell geklärt. Es geht einzig um Fortpflanzung und somit den Erhalt der Art. Mehr nicht. Relativ schnell hat sich die sexuelle Fortpflanzung als vorteilhaft herausgestellt, da auf diese Weise der Genpool einer Art möglichst groß gehalten werden kann. Diese innerartliche Vielfalt bietet größeren Schutz vor unterschiedlichsten Störfaktoren, wie z.B. Krankheitserregern oder auch sich ändernde Umweltbedingungen. Die Rollen sind also rein biologisch klar verteilt: Das Männchen liefert den Samen und das Weibchen den Nachwuchs. Diese Rollenverteilung findet sich im Tierreich zuweilen sehr ausgeprägt und führte zu interessanten Fortpflanzungsstrategien.

 

(Bildquelle: Pixabay.com)

Gottesanbeter – die Adrenalinjunkies

 

Obwohl männliche Fangschrecken auch einen natürlichen Überlebensinstinkt haben, scheint der Fortpflanzungstrieb stärker zu sein. Mit gebührendem Respekt springen sie auf den Rücken der größeren und nicht ungefährlichen Weibchen und versuchen diese während der Paarung in einem Klammergriff zu halten, um sich vor ihren Mundwerkzeugen zu schützten. Gelingt dies nicht, endet diese Begattung für die Männchen recht kopflos. Das Weibchen hingegen hat einen doppelten Vorteil. Es bekommt für seine Nachkommen sämtliche Spermien des Männchens, die auch ohne Kopf noch weiter abgegeben werden, und es erhält eine stärkende Zwischenmahlzeit. Die männlichen Tiere scheinen sich der Gefahr durchaus sehr bewusst zu sein. So konnte beobachtet werden, dass hungrige Gottesanbeterinnen scheinbar deutlich weniger anziehend auf sie wirken als solche, die gerade erst gefressen haben.

 

Australische Beutelmäuse -  Sex bis zum Tod

 

Diese kleinen Beuteltiere leben im östlichen Australien und Tasmanien und werden mit etwa 10 Monaten geschlechtsreif. Männliche Tiere dieser Gattung beginnen nun sämtliche daher laufende Weibchen ihrer Art zu begatten, wobei sie die Weibchen teils mit Pfoten und Zähnen über Stunden festhalten. Nach der Paarungszeit sind die Männchen erschöpft und orientierungslos. Sie irren umher und sterben nach nur wenigen Tagen. Die Weibchen hingegen befassen sich mit dem Nachwuchs. Sie leben etwa 3 Jahre, was auch dafür sorgt, dass für die Männchen immer reichlich Weibchen zur Verfügung stehen.

 

Tiefsee Anglerfische – auf ewig verschmolzen

 

Die rundlichen Fische mit den großen Augen, sehr scharfen Zähnen und einer leuchtenden Angel auf der Stirn sind spätestens seit „Findet Nemo“ den meisten bekannt. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Tieren ausschließlich um Weibchen. Die männlichen Tiere dieser Gattung sind nur wenige Millimeter groß. Sie bestehen im Wesentlichen aus Gonaden und ein paar Sinneszellen und sind nicht eigenständig lebensfähig. Daher haben sie, kaum sind sie dem Larvenstadium entwachsen, nur ein einziges Ziel: ein Weibchen zu finden und sich an deren Bauchseite festzubeißen. Dort angekommen verwachsen beide Tiere fest miteinander. Das Männchen wird fortan über den Blutkreislauf des Weibchens mit versorgt und bekommt hierüber auch hormonelle Signale, wann es seine Samen ausschütten darf, um die gelegten Eier zu befruchten. Auf diese Weise können sich natürlich mehrere Männchen an ein Weibchen haften. Sie alle gehen zugrunde, wenn das Weibchen stirbt.

 

Igelwürmer – der männliche Endoparasit

 

Igelwürmer leben größtenteils sesshaft auf dem weichen Meeresgrund. Die Männchen einiger Arten gehen sogar noch einen Schritt weiter als ihre Geschlechtsgenossen unter den Anglerfischen. Sie wohnen in Schwärmen von bis zu 80 Individuen direkt im Uterus ihrer Weibchen und befruchten die Eizellen quasi vor Ort. Die geschlechtslosen Larven des Igelwurms leben etwa 3 Monate als Kleinstlebewesen im freien Gewässer und sinken dann auf den Boden hinab. Landet eine Larve auf dem Boden, entwickelt sie sich zu einem Weibchen und wächst auf eine Länge von bis zu 30cm. Landet eine Larve allerdings auf einem Weibchen, entwickelt es sich zu einem Männchen, wächst nicht weiter, sondern wandert in den Uterus des Weibchens und lebt fortan dort.

 


Zur weiteren Information:

Da sich in der Natur, wie eingangs erwähnt, am Ende alles einzig um den Arterhalt dreht, ist es nicht verwunderlich, dass die Wege, die hier beschritten werden, sehr vielfältig sind. Dabei kommt es auch manchmal zu Entwicklungen, die trotz vieler evolutionärer Vorteile am Ende das Potential haben, ganze Ökosysteme zu gefährden. Ein Beispiel hierfür findet Ihr in einer spannenden Geschichte aus einer Welt ohne Männer von meinen Kollegen von BioWissKomm.



Kommentar schreiben

Kommentare: 0